Sicherung der Verlassenschaft durch Versiegeln

Sicherung der Verlassenschaft gegen unberechtigte Zugriffe

OGH 30.05.2022, 2 Ob 46/22m – Sicherungsmaßnahmen nur bei Vorliegen von Beweismitteln

Wenn die Gefahr besteht, dass der Verlassenschaft Vermögen entzogen wird, kann der Gerichtskommissär (Notar) die Sicherung der Verlassenschaft durchführen. Das kann er beispielsweise tun, indem er die Verlassenschaft versiegeln lässt (§ 147 AußStrG). Mit der Frage, ob der Gerichtskommissär solche Maßnahmen zur Sicherung schon dann vornehmen muss, wenn ein Beteiligter die Gefahr einfach nur behauptet, musste sich der OGH auseinandersetzen:

Was ist passiert?

Die Verstorbene hinterließ unter anderem einen Sohn. Mit „Übergabsvertrag auf den Todesfall“ schenkte sie dem Sohn noch vor ihrem Tod das Haus, in dem sie bis zuletzt wohnte. Der Sohn wurde mit dem Tod der Verstorbenen Eigentümer des Hauses.

Zum Alleinerben hatte die Verstorbene den Antragsteller eingesetzt.

Die Entscheidung deutet darauf hin, dass der Alleinerbe und der Sohn unterschiedliche Auffassungen darüber hatten, wem die Einrichtungsgegenstände im Haus gehören. Der OGH musste sich mit dieser Frage schlussendlich aber nicht auseindersetzen, wie wir gleich sehen werden.

Was behauptete der Antragsteller?

Der Antragsteller begehrte „die vollkommene Versiegelung“ des Hauses der Verstorbenen. Der Sohn habe immer wieder versucht, die Schlösser des Hauses aufzubrechen und in das Haus zu gelangen, um Sachen aus dem Haus der Verstorbenen zu entwenden. In weiterer Folge habe der Sohn die Schlösser sogar ausgetauscht, sodass die Vertreter der Verlassenschaft keinen Zutritt mehr zum Haus und zu dem der Verlassenschaft gehörenden wertvollen Inventar hätte. Der Sohn habe inzwischen sogar damit begonnen, einzelne Gegenstände aus dem Hausrat der Verstorbenen zu verkaufen oder an unbekannte Orte zu bringen.

Die Untergerichte wiesen diesen Antrag auf Sicherung ab

Das Erstgericht und auch das Rekursgericht wiesen darauf hin, dass der Sohn Eigentümer des Hauses und auch der dort befindlichen Gegenstände geworden sei. Schon aus diesem Grund sei eine Sicherung durch Versiegelung nicht möglich.

Darüber hinaus habe der Antragsteller nur behauptet, der Sohn verkaufe Gegenstände oder bringe diese weg. Der Antragsteller habe nie einen Beweis vorgelegt und nicht einmal angeboten, selbst auszusagen.

Auch der OGH entschied gegen die Sicherung

Der OGH folgte der Meinung der Untergerichte.

Er prüfte gar nicht, ob der Sohn Eigentümer der Gegenstände geworden ist. Die Begründung: Der Antragsteller konnte nicht nachweisen, dass eine Gefahr besteht, dass der Verlassenschaftsabhandlung Vermögen entzogen wird. Ohne Gefahr für die Verlassenschaft kann es aber auch keine Sicherungsmaßnahmen geben. Die Versiegelung der Liegenschaft wurde deswegen zurecht abgelehnt.

Welche Schlüsse lassen sich ziehen?

Besteht der Verdacht, dass der Verlassenschaft Vermögen entzogen wird, kann man die Sicherung beantragen.

In diesem Sicherungsantrag ist möglichst schlüssig zu behaupten, dass eine Gefahr für das Vermögen besteht. Alle Beweismittel, die darauf hindeuten, dass eine Gefahr besteht, sollten dem Gericht vorgelegt werden.

Mehr zum Thema Verlassenschaftsverfahren finden Sie hier.


Bild von Josef Juchem auf Pixabay

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