OGH 16.3.2022, 2 Ob 25/22y – Ist das fremdhändige Testament gültig?
Ein fremdhändiges Testament muss fälschungssicher sein. Es muss daher unmöglich sein, einzelne Seiten des Testaments unbemerkt auszutauschen. Das bezeichnet man als „äußere Einheit“ des Testaments. Besteht ein fremdhändiges Testament beispielsweise aus mehreren losen Blättern, fehlt diese äußere Einheit. Wenn dann auch keine inhaltliche Einheit vorliegt, ist es ungültig.
Sachverhalt – Was ist passiert?
Der Verstorbene errichtete ein fremdhändiges Testament, das aus zwei Blättern bestand. Auf dem ersten doppelseitig bedruckten Blatt waren die vom Verstorbenen vorgesehenen Regelungen über die Frage, wer Erbe sein oder wer welche Vermächtnisse erhalten sollte.
Auf dem zweiten einseitig bedruckten Blatt befanden sich formelle Ausführungen, wie: „Das Testament habe ich selbst gelesen und ich habe in gleichzeitiger ununterbrochener Gegenwart der ersuchten Zeugen meines letzten Willens bestätigt, dass es meinem letzten Willen vollkommen entspricht.“
Ebenfalls auf dem zweiten Blatt waren Ort, Datum, die Unterschrift und die handschriftliche Bestätigung des Verstorbenen, dass dieses Testament sein letzter Wille ist. Auch die Unterschriften der Zeugen befanden sich auf der zweiten Seite.
Was war das Problem mit dem fremdhändigen Testament?
Die beiden Blätter des Testaments waren mit drei Heftklammern auf der Seite verbunden. Die gesetzlichen Erben behaupteten, dass drei Heftklammern sich entfernen lassen, ohne die beiden Testamentsblätter zu beschädigen oder zerstören. Das Testament sei daher ungültig.
Der im Testament vorgesehene Erbe behauptete hingegen, dass das Testament sehr wohl gültig sei. Drei Heftklammern seien ausreichend, um die äußere Einheit herzustellen.
Die Unterinstanzen folgten der Argumentation des Testamentserben. Der OGH sah darin keine grobe Fehlbeurteilung und bestätigte das Urteil.
Äußere Urkundeneinheit – schwierige Einzelfälle!
In vielen Einzelfällen hatte der OGH über die Frage der „äußeren Einheit“ eines Testaments zu entscheiden. So entschied er zum Beispiel, dass die Aufbewahrung von zwei losen Blättern in einem Kuvert keine äußere Einheit darstellt (2 Ob 143/19x) und das Testament daher ungültig ist. Ebenfalls ungültig sind Testamente deren Seiten nur durch eine Büroklammer (2 Ob 192/17z) oder eine einzige Heftklammer (2 Ob 77/20t) zusammengehalten werden.
Umgekehrt waren Testament gültig, bei denen die Seiten zusammengebunden, zusammengeklebt oder zusammengenäht waren. Im konkreten Fall befand der OGH, dass es bei drei Heftklammern durchaus vertretbar sei, von einer äußeren Urkundeneinheit auszugehen. Das Testament war daher gültig.
Wie ist man bei der Errichtung eines fremdhändigen Testaments auf der sicheren Seite?
Auf der ganz sicheren Seite ist man nur dann, wenn das Testament auf einer einzigen Seite geschrieben ist. Bedruckt man beispielsweise eine A3-Seite doppelseitig und verwendet eine kleine Schriftgröße, geht sich das auch bei längeren Testamenten aus. Bei besonders langen letztwilligen Verfügungen empfiehlt sich ein Zusammennähen oder Zusammenbinden der Seiten. In jedem Fall sollte ein fremdhändiges Testament vor einem Rechtsanwalt oder Notar errichtet werden.
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