OGH 21.2.2023, 2 Ob 15/23d – Pflegerin als Alleinerbin im Testament trotz eines Verbots, Geschenke anzunehmen
Pflegepersonen dürfen keine Vorteile aus ihrer beruflichen Stellung ziehen. Sie dürfen diese Stellung auch nicht missbrauchen. Insbesondere ist es Pflegepersonen untersagt, Leistungen ohne gleichwertige Gegenleistungen entgegenzunehmen. Das regelt § 1 Abs 1 der Verordnung über Standes- und Ausübungsregeln für Leistungen der Personenbetreuung.
Nun stellt sich die Frage: Darf man die Pflegerin im Testament als Alleinerbin einsetzen?
Was ist passiert?
Der im Jahre 2018 verstorbene Erblasser hinterlässt seine Ehegattin. In einem Testament hat er seine Pflegerin und dessen Ehemann als Erben eingesetzt.
Was behauptete die Ehegattin?
Die Ehegattin hat auf die oben genannte Verordnung verwiesen. Ihr Argument: Dieses Verbot erstrecke sich auch auf Zuwendungen von Todes wegen. Das Testament sei deshalb unwirksam.
Was sagt der OGH?
Der OGH verweist darauf, dass er einen gleichgelagerten Fall bereits einmal entschieden hat (5 Ob 217/ 06g). Deshalb liege keine erhebliche Rechtsfrage vor. Wie in dieser Vorentscheidung schon ausgeführt, erstreckt sich dieses Verbot nicht auf einen Dritten. Ein Erblasser ist bei der Errichtung einer letztwilligen Verfügung nicht beschränkt. Die Testierfreiheit wird durch die oben verlinkte Verordnung also nicht eingeschränkt.
Der OGH verweist überdies auf den Zweck der Verordnung: Dieser liegt im Schutz der betreuten Person. Dieser Schutz ist aber nicht mehr notwendig, wenn die Person bereits verstorben ist und der Vermögenszuwachs erst nach dem Tod eintritt.
Welche Schlüsse lassen sich ziehen?
Sie dürfen Ihre Pflegerin im Testament als Erbin einsetzen oder sonst wie bedenken, auch wenn die Pflegerin zu Ihren Lebzeiten von Ihnen Geschenke nicht annehmen darf.
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