Kann ich mein Testament selbst schreiben oder soll ich zum Rechtsanwalt für Erbrecht gehen?
Kann ich mein Testament selbst schreiben oder soll ich zum Rechtsanwalt für Erbrecht gehen?
- Praxistipp
Eine Faustregel: Je größer Ihr Vermögen, je komplizierter Ihre Familienstruktur und je detaillierter Sie Ihre Verlassenschaft regeln wollen, desto wichtiger ist es, Beratung bei einem Rechtsanwalt für Erbrecht oder einem Notar in Anspruch zu nehmen.
Auch bei einem vermeintlich „einfachen“ Testament können sich schnell schwierige Fragen und Probleme ergeben. Außerdem sind im Erbrecht zahlreiche Formvorschriften zu beachten, die Ihr Rechtsanwalt kennt.
Wenn etwa Ihre Antwort auf eine der nachfolgenden Fragen „Ja“ wäre, dann ist es sinnvoll, wenn Sie sich von einem Rechtsanwalt für Erbrecht oder von einem Notar helfen ließen:
- Haben Sie mehrere Kinder und Schwierigkeiten mit der gerechten Aufteilung des Vermögens?
- Haben Sie in letzter Zeit größere Schenkungen gemacht?
- Wollen Sie bestimmte Gegenstände bestimmten Erben vermachen?
- Leben Sie in einer Lebensgemeinschaft?
- Wollen Sie jemanden enterben oder auf den Pflichtteil setzen?
- Leben oder arbeiten Sie im Ausland?
- Sind Sie selbst Ausländer oder gibt es Vermögen im Ausland?
- Sind Sie sich nicht sicher, wie Sie ein Testament schreiben müssen?
- Ist Liegenschaftsvermögen im Spiel?
- Wollen Sie Ihr Unternehmen/Ihre Unternehmensanteile übergeben/vererben?
- Beispiele
Sie möchten, dass Ihre Kinder nur den Pflichtteil bekommen, damit Ihr Ehemann so viel wie möglich bekommt. Da Ihr Ehemann nicht Klavier spielt, sollen Ihre Kinder sich Ihren hochwertigen Steinway-Flügel teilen, der Pflichtteil soll damit abgedeckt werden.
Ihre Lebensgefährtin und Ihnen gehört eine Eigentumswohnung. Sie möchten sich einander bestmöglich absichern.
Sie halten Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
Sie möchten, dass eines Ihrer Kinder gar nichts erbt, weil dieses Kind seine Mutter im Stich gelassen hat.
Sie haben einem Ihrer drei Kinder vor Jahren ein Grundstück geschenkt. Damals war das nur eine Grünfläche, eine Bebauung war nicht möglich. Mittlerweile ist dieses Grundstück erheblich mehr wert als damals, weil es in Bauland umgewidmet wurde. Sie möchten alle drei Kinder gleich behandeln.
10 Fehler im Testament, die Ihnen passieren können, Ihrem Rechtsanwalt für Erbrecht aber nicht
10 Fehler im Testament, die Ihnen passieren können, Ihrem Rechtsanwalt für Erbrecht aber nicht
1. Das Testament verletzt Formvorschriften
Formvorschriften sind zwingend. Das bedeutet, dass ein Testament, bei dem die Formvorschriften nicht eingehalten wurden, ungültig ist. Es wird so behandelt, als ob es nicht existieren würde, auch wenn der Wille des Erblassers daraus klar hervorgeht.
- Praxistipp
Sie können sich noch so viele Gedanken über Ihr Testament gemacht haben, ist es aufgrund eines Formmangels unwirksam, kommt es zur gesetzlichen Erbfolge!
Das gilt selbst dann, wenn niemand daran Zweifel hat, was Sie eigentlich wollten.
- Beispiele
Die Verstorbene hat das eigenhändige Testament nicht am Ende unterschrieben.
Der Verstorbene hat sein Testament alleine am Computer geschrieben und ausgedruckt.
Die Zeugen haben Ihre Unterschrift auf einem zusätzlichen leeren und losen Blatt geleistet, sodass die Urkundeneinheit fehlt.
Die Zeugen sind keine fähigen Testamentszeugen.
2. Das Testament wird nach dem Tod nicht gefunden
Wenn Sie Ihr Testament zu Hause aufbewahren, ist nicht sichergestellt, dass es nach Ihrem Tod von den Erben gefunden wird.
Wissen nicht alle Nachkommen (und deren Partner, Kinder etc), wo es liegt, kann es sein, dass es ohne böse Absicht entsorgt wird.
Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, dass es jemand absichtlich vernichtet.
Kann Ihr Testament nicht aufgefunden werden, kommt es zur gesetzlichen Erbfolge!
- Praxistipp
Ihr Testament können Sie bei einem Rechtsanwalt für Erbrecht oder Notar hinterlegen.
Ihr Rechtsanwalt oder Notar muss es dann auch in das Testamentsregister eintragen. Dieses Register wird im Verlassenschaftsverfahren abgefragt. Ihr Testament kann dann nicht übersehen werden.
3. Sie haben Ihr Kind enterbt, ohne zu prüfen, ob das möglich ist
Eine Enterbung ist in Österreich nur möglich, wenn ein entsprechender gesetzlicher Grund vorliegt.
Der unrechtmäßig Enterbte hat nun (zumindest) einen Pflichtteilsanspruch gegen die Erben. Diese müssen ihm den Pflichtteil in Geld auszahlen, was für sie mit wirtschaftlichen Problemen verbunden sein kann, wenn sie selbst nicht über so viel liquide Mittel verfügen.
Die Erben sind unter Umständen gezwungen, Teile aus der Verlassenschaft zu verkaufen. Das hätten Sie verhindern können, indem Sie Ihrem Kind bestimmte Gegenstände unter Anrechnung auf den Pflichtteil zugewiesen hätten.
- Praxistipp
Behalten Sie immer die Pflichtteilsansprüche aller Berechtigten im Auge!
Werden diese übersehen oder nicht ausreichend berücksichtigt, kann das zu großen Schwierigkeiten führen. Ihre Anordnungen im Testament können dann unter Umständen nicht vollständig umgesetzt werden.
4. Es gibt einen Auslandsbezug
Sie haben in Ihrem Leben nicht nur in einem Land gewohnt und Ihr Testament errichtet, als sie woanders gewohnt haben?
In manchen Fällen kann es dazu kommen, dass das Testament nicht zu jener Rechtsordnung passt, die in Ihrem Verlassenschaftsverfahren angewendet werden muss. Dann ist nicht sicher, dass Ihr Wille vollinhaltlich umgesetzt werden kann. Eine Beratung ist dann unbedingt notwendig.
- Beispiel
Die Verstorbene, eine österreichische Staatsbürgerin, hat ihr Testament in London errichtet, während sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Auf Pflichtteilsberechtigte musste sie dabei keine Rücksicht nehmen. Einige Jahre vor ihrem Tod ist sie nach Österreich zurückgekehrt. Dadurch wird österreichisches Erbrecht wieder anwendbar, insbesondere auch das Pflichtteilsrecht. Die Verstorbene ist gut beraten, ihr Testament zu überprüfen und sich zu überlegen, ob ihre Testamentserbin auch in der Lage sein wird, die Pflichtteile zu bedienen.
5. Sie haben sich verrechnet
Es mag banal klingen. Die Praxis zeigt aber, dass Rechenfehler immer wieder vorkommen.
In der Regel passieren sie nicht in einfach gehaltenen Verfügungen, sondern gerade bei detaillierten und besonders „durchdachten“ Regelungen.
Haben Sie insgesamt mehr oder weniger verteilt, als vorhanden ist, müssen Quoten gekürzt oder der Rest aufgeteilt werden. Diese Anpassungen können aufwendig sein und zu Konflikten unter den Erben führen.
6. Mehrere Testamente
Sie haben schon mehrere Testamente geschrieben und Ihren letzten Willen je nach Lebenssituation angepasst?
Dann Vorsicht!
Wenn Sie nicht alle älteren Testamente ausdrücklich widerrufen haben oder wenn Ihre Testamente zum Teil kein Datum zeigen, dann kann es im Verlassenschaftsverfahren zu großer Unsicherheit führen, welches Testament gilt.
7. Schenkungen
Sie verschenken den Großteil Ihres Vermögens, weil Sie davon ausgehen, dass der Pflichtteil Ihrer Nachkommen deswegen kleiner wird?
Das kann falsch sein! Unter gewissen Umständen werden Schenkungen für den Pflichtteilsanspruch berücksichtigt und die Beschenkten müssen einen Teil wieder herausgeben.
8. Sprachliche Fehler
In Testamenten, die ohne rechtliche Unterstützung errichtet wurden, sehen wir oft unverständliche oder widersprüchliche Formulierungen.
Gefährlich wird es vor allem (aber nicht nur) dann, wenn Nichtjuristen sich besonders juristisch ausdrücken möchten. Denn das sogenannte „Juristendeutsch“ kann verwirrend sein und erweist sich manchmal als „Bumerang“: Eine Verstorbene wollte es besonders „richtig“ machen und die juristischen Begriffe verwenden. Da sie die Bedeutung dieser Begriffe aber nicht vollständig erfasst hat, ordnet sie dabei Dinge an, die sie so nie wollte.
- Praxistipp
Bei einfachen Testamenten à la „Nach meinem Tod soll mein Ehegatte Franz alles erben.“ ist dieses Risiko sehr gering.
Wenn es aber zum Beispiel heißt: „Nach meinem Tod soll mein Ehegatte Franz alles erben. Unsere Kinder sollen ihren Pflichtteil erhalten. Meine Trompete soll unsere Tochter bekommen.“ Bekommt die Tochter die Trompete dann zusätzlich zu ihrem Pflichtteil? Oder ist die Trompete schon Teil des Pflichtteils? Eine eindeutigere Formulierung wäre hier empfehlenswert gewesen.
- Beispiel
Sie setzen Ihre drei Kinder als Erben ein und bestimmen, dass Ihre jüngste Tochter das Ferienhaus bekommen soll. Das Bankdepot sollen sie sich aufteilen. Bedeutet das nun, dass alle drei Kinder gleich viel bekommen und Ihre jüngste Tochter um den Wert des Ferienhauses weniger vom Depot erhält? Oder sollen alle Kinder gleich viel vom Depot bekommen und die Jüngste zusätzlich das Ferienhaus?
9. Ersatzerben vergessen
Haben Sie sich überlegt, was passieren soll, wenn die im Testament genannten Personen schon vor Ihnen oder gemeinsam mit Ihnen sterben?
- Beispiel
Ihre Lebensgefährtin soll gemäß Ihrem Testament nach Ihnen alles erben. Kinder haben Sie keine. Dann aber sterben Sie beide gemeinsam bei einem Flugzeugabsturz.
Setzen Sie jedenfalls einen Ersatzerben ein. Das ist jene Person, die zum Zug kommt, wenn der Erbe aus irgendeinem Grund nicht zur Erbschaft gelangt (mehr dazu hier).
10. Der vergessene Lebensgefährte
Sie vermachen in Ihrem Testament alles Ihren Kindern oder Neffen/Nichten, weil Sie davon ausgehen, dass Ihr Lebensgefährte sowieso einen Teil erben wird?
Das ist falsch!
Bedenken Sie Ihren Lebensgefährten nicht im Testament, dann wird er nichts bekommen. Er hat kein gesetzliches Erbrecht.
Kann ich mein Testament bei einem Rechtsanwalt für Erbrecht oder bei einem Notar errichten?
Kann ich mein Testament bei einem Rechtsanwalt für Erbrecht oder bei einem Notar errichten?
Wenn Sie ein Testament errichten möchten, können Sie einen Rechtsanwalt oder einen Notar hinzuziehen. Bei einem Rechtsanwalt sollten Sie jedoch darauf achten, dass er im Bereich Erbrecht regelmäßig tätig wird.
Sowohl Ihr Rechtsanwalt für Erbrecht als auch Ihr Notar werden Sie kompetent beraten und gemeinsam mit Ihnen ein individuell auf Sie und Ihre Lebensumstände zugeschnittenes Testament entwerfen.
- Praxistipp
Fragen Sie Ihren Rechtsanwalt ganz konkret, ob er regelmäßig Testamente errichtet und ob er regelmäßig in Verlassenschaftsverfahren vertritt.
Kosten: Ist eine Beratung im Erbrecht durch meinen Rechtsanwalt teuer?
Kosten: Ist eine Beratung im Erbrecht durch meinen Rechtsanwalt teuer?
In aller Regel ist die Antwort „Ja“. Ein Rechtsanwalt kostet mehr als ein Handwerker.
Die Investition lohnt sich aber in aller Regel. Schließlich geht es in aller Regel entweder um Ihren letzten Willen oder darum, ob Sie etwas erben oder nicht.
Das Honorar für eine Testamentserrichtung hängt davon ab, wie umfangreich und kompliziert Ihre Verlassenschaft ist und ob Sie ungewöhnliche Wünsche oder einen besonderen Beratungsbedarf haben.
Was sicher ist: Im Vergleich zu einem Rechtsstreit zwischen Ihren Erben, der bei einem undeutlichen Testament leicht möglich ist, fallen die Kosten einer Testamentserrichtung in der Regel nicht ins Gewicht.
Ich habe ein Unternehmen, was passiert damit nach meinem Tod?
Ich habe ein Unternehmen, was passiert damit nach meinem Tod?
Wenn der Eigentümer eines Unternehmens stirbt, dann stellen sich oft viele Fragen:
- Wer wird das Unternehmen weiterführen?
- Soll ein Erbe einsteigen?
- Werden die anderen Mitgesellschafter das Unternehmen alleine weiterführen?
- Soll das Unternehmen aufgelöst werden?
Ein Rechtsanwalt oder Notar mit Expertise nicht nur im Erbrecht, sondern auch im Unternehmensrecht und Gesellschaftsrecht, kann Sie in solchen Fällen bestmöglich beraten.
Beim Streit zwischen den Erben: Rechtsanwalt für Erbrecht kontaktieren!
Beim Streit zwischen den Erben: Rechtsanwalt für Erbrecht kontaktieren!
Sind Sie potentieller Erbe und kommt es im Verlassenschaftsverfahren zu Meinungsverschiedenheiten, ist es hilfreich, einen Rechtsanwalt für Erbrecht zur Seite zu haben.
Ihr Rechtsanwalt kann Sie über alle Chancen und Risiken im Verfahren aufklären und Sie dann auch gleich vor Gericht vertreten.
Noch Fragen zum Erbrecht in Österreich?
Das Erbrecht ist unsere Leidenschaft. Wir sind Ihr Rechtsanwalt für Erbrecht in Österreich.
Sie werden verstehen: Persönlichen Rat erteilen wir gegen Entgelt. Kostenlose Rechtsberatung finden Sie hier auf dieser Seite, im Erbrecht-ABC. Hingegen können wir keine kostenlosen Beratungen am Telefon anbieten.
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