Was ist das Verlassenschaftsverfahren?
Was ist das Verlassenschafts-verfahren?
Niemand darf das hinterlassene Vermögen eines Verstorbenen eigenmächtig in Besitz nehmen. Nicht einmal die rechtmäßigen Erben sind dazu berechtigt. Der Nachlass wird in einem gerichtlichen Verlassenschaftsverfahren abgewickelt. Dabei soll das Vermögen des Verstorbenen festgestellt und den rechtmäßigen Erben übertragen werden. In Österreich werden jährlich rund 80.000 Verlassenschaftsverfahren durchgeführt.
Wer leitet das Verlassenschaftsverfahren ein?
Sobald das zuständige Gericht Kenntnis vom Ableben einer Person erlangt, leitet es von Amts wegen das Verlassenschaftsverfahren ein. Zuständig ist das Bezirksgericht am letzten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verstorbenen. Meistens informieren die Standesämter oder Krankenanstalten die Gerichte. Es ist also im Regelfall kein Antrag der Erben erforderlich.
Etwas anderes gilt in bestimmten Fällen mit internationalem Bezug. Ein typischer Anwendungsfall liegt vor, wenn der Verstorbene im Ausland verstorben ist. Ausländische Behörden sind nämlich nicht verpflichtet, die österreichischen Behörden zu informieren. Die Angehörigen müssen dann selbst tätig werden und die Einleitung eines Verlassenschaftsverfahrens anregen.
Das Verlassenschaftsgericht eröffnet den Verlassenschaftsakt. Diesen erhält in weiterer Folge der zuständige Notar als sogenannter Gerichtskommissär. Dem Notar kommt eine wichtige Rolle im Verlassenschaftsverfahren zu. Ihm obliegt weitestgehend die Führung des Verfahrens. Welcher Notar als Gerichtskommissär zuständig ist, regelt die sogenannte Verteilungsordnung. Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Wohnort der verstorbenen Person sowie dem Sterbetag. Den Notar kann man sich also genauso wenig aussuchen wie das Verlassenschaftsgericht.
Wie lange dauert ein Verlassenschaftsverfahren?
Wie lange dauert ein Verlassenschafts-verfahren?
Die Dauer eines Verlassenschaftsverfahrens hängt von vielen Faktoren ab. In manchen Fällen kann es in wenigen Wochen erledigt sein. Meistens dauert es aber mehrere Monate, in komplizierten Fällen auch Jahre. Es gibt keine fixen Fristen. Dabei spielen die Parteien eine ebenso ausschlaggebende Rolle wie der Umfang des hinterlassenen Vermögens.
Wie wird der Gerichtskommissär im Verlassenschaftsverfahren tätig?
Wie wird der Gerichtskommissär im Verlassenschafts-verfahren tätig?
Nach der Übermittlung des Verlassenschaftsakts lädt der Gerichtskommissär zur sogenannten Todesfallaufnahme. Sie dient der Gewinnung allgemeiner Anhaltspunkte für die Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens. Sind dem Notar potenzielle Erben (z.B. Ehegatte, Kinder) bekannt, lädt er diese im Regelfall ein. Der Gerichtskommissär entscheidet selbst, wie und mit wem er die Todesfallaufnahme errichtet. Häufig erhält die Einladung derjenige, der die Begräbniskosten getragen hat oder mit dem der Verstorbene im gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Ein persönlicher Termin ist für die Todesfallaufnahme nicht zwingend, aber die Regel. Sie können sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, notwendig ist das aber nicht.
Der Notar erhebt folgende Punkte:
- Details zum Verstorbenen;
- Das vom Verstorbenen hinterlassene Vermögen samt Rechten und Verbindlichkeiten;
- Die Begräbniskosten und die Person, die sie vorgestreckt hat;
- Urkunden über letztwillige Anordnungen (insbesondere Testamente und Kodizille, deren Widerruf, Vermächtnis-, Erb- und Pflichtteilsverträge, Erb- und Pflichtteilsverzichtsverträge und deren Aufhebung sowie Namen der Zeugen mündlicher letztwilliger Verfügungen);
- Details zu den gesetzlichen und der aufgrund einer letztwilligen Verfügung berufenen Erben;
- Details zu Personen, deren gesetzlicher Vertreter der Verstorbene war.
Wie stellt der Gerichtskommissär im Verlassenschaftsverfahren das Vermögen fest?
Wie stellt der Gerichtskommissär im Verlassenschafts-verfahren das Vermögen fest?
Der Gerichtskommissär hat den Umfang und Wert des hinterlassenen Vermögens zu ermitteln. Dieses Vermögen wird im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens an die Erben verteilt und ist die Berechnungsgrundlage für allfällige Pflichtteilsansprüche.
Die Todesfallaufnahme als erster Überblick
Durch die Todesfallaufnahme kann sich der Notar einen ersten Überblick über die Vermögenslage des Verstorbenen verschaffen. Die Angaben der geladenen Personen spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie sind dazu verpflichtet, der Ladung zu folgen und wahrheitsgemäß die Fragen des Gerichtskommissärs zu beantworten. Im Regelfall wissen die nahen Angehörigen über die finanzielle Lage des Verstorbenen Bescheid oder können dem Notar sachdienliche Hinweise auf vorhandenes Vermögen geben.
Hat der Gerichtskommissär weitere Möglichkeiten zur Feststellung des Vermögens?
Der Gerichtskommissär hat auch selbst zahlreiche Möglichkeiten, das hinterlassene Vermögen zu ermitteln. Von besonderer Bedeutung ist die Auskunft von Kreditinstituten über Bankguthaben des Verstorbenen. Dazu gehören auch allfällige Wertpapierdepots. Kreditinstitute sind dem Gerichtskommissär gegenüber zur Auskunft verpflichtet. Ihm gegenüber gilt das Bankgeheimnis nicht. Der Notar kann auch im Grundbuch nach Liegenschaftsvermögen und im Firmenbuch nach Gesellschaftsbeteiligungen suchen.
Der Gerichtskommissär hat auch die Möglichkeit, die Wohnung, das Geschäftslokal, Schränke und Schrankfächer (z.B. Safes) sowie sonstige Behältnisse des Verstorbenen schonend zu öffnen. Gerade die Wohnung des Verstorbenen ist eine wichtige Anlaufstelle für den Gerichtskommissär. Darin finden sich häufig Vermögenswerte oder zumindest Hinweise darauf. Auch letztwillige Verfügungen werden immer wieder in der Wohnung verwahrt. Der Besichtigung sind Vertrauenspersonen beizuziehen. In der Praxis sind dies meist die Angehörigen des Verstorbenen.
- Beispiel
Zum Zweck der Feststellung des Vermögens betritt der Notar die Wohnung des Verstorbenen. Er durchsucht seine Schränke und entdeckt im Kleiderkasten einen Safe. In einer Schreibtischschublade findet er den dazugehörigen Schlüssel. Der Notar darf den Safe öffnen. Es offenbart sich eine größere Summe an Bargeld sowie ein Testament, in dem der Verstorbene seine hinterbliebene Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt hat.
Der Notar übernimmt sowohl das Bargeld als auch das Testament. Sie sind nun Teil des Verlassenschaftsverfahrens.
Verlassenschaftsgläubiger kann der Notar mittels Edikts auffordern, ihre Forderungen binnen einer bestimmten Frist anzumelden. Dadurch kann er auch unbekannte Verbindlichkeiten des Verstorbenen ermitteln. In bestimmten Fällen müssen die Gläubiger aufgefordert werden, ansonsten ist ein Antrag eines Erben erforderlich. Die öffentliche Bekanntmachung hat jedenfalls zu erfolgen, wenn mindestens ein potenzieller Erbe eine bedingte Erbantrittserklärung abgibt.
Ich vermute, dass der Verstorbene Vermögen auf einem bisher unbekannten Bankkonto besitzt
Es ist grundsätzlich nicht die Aufgabe des Gerichtskommissärs, nach unbekanntem oder vermisstem Vermögen zu forschen. Er hat also nicht von Amts wegen bei allen Banken nachzufragen, ob der Verstorbene bei ihnen Vermögen hatte. Den Gerichtskommissär trifft eine solche Nachforschungspflicht aber dann, wenn sich Anhaltspunkte hierfür finden. Die Äußerung einer solchen Vermutung durch einen Angehörigen des Verstorbenen ist dafür im Regelfall ausreichend.
Der Gerichtskommissär kann in solchen Fällen einen sogenannten Bankenrundruf über den Verband österreichischer Banken und Bankiers durchführen. So können unbekannte Bankguthaben oder Bankschließfächer unter Umständen gefunden werden.
Was passiert mit dem Vermögen während des Verlassenschaftsverfahrens?
Was passiert mit dem Vermögen während des Verlassenschafts-verfahrens?
Im Regelfall verwahren die nahen Angehörigen die Vermögenswerte des Verstorbenen.
Der Gerichtskommissär hat daneben die Möglichkeit, das Vermögen zu sichern. Von dieser Möglichkeit macht er insbesondere dann Gebrauch, wenn die Gefahr besteht, dass Vermögensbestandteile des Verstorbenen beiseitegeschafft werden. Eine Sicherung ist auch dann denkbar, wenn sich kein Angehöriger zur Verwahrung bereiterklärt. Als Sicherungsmaßnahmen kommen unter anderem die Versiegelung oder Verwahrung beim Gerichtskommissär selbst oder einem externen Verwahrer in Betracht. Möglich ist auch ein Schlossaustausch, um den Zutritt zur Wohnung des Verstorbenen zu verhindern.
Die potenziellen Erben können das hinterlassene Vermögen während des Verlassenschaftsverfahrens benützen und verwalten. Sie können also den Fernseher des Verstorbenen nutzen, mit seinem Fahrzeug fahren oder seine Bücher lesen. Dieses Recht kommt aber nur jenen Personen zu, die eine Erbantrittserklärung abgegeben und ihr Erbrecht hinreichend bescheinigt haben (z.B. durch die Vorlage eines Testaments).
Wie findet der Gerichtskommissär die potenziellen Erben?
Wie findet der Gerichtskommissär die potenziellen Erben?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Erben ausfindig zu machen. Der Gerichtskommissär ist zuallererst verpflichtet, eine Abfrage des Österreichischen Zentralen Testamentsregisters und des Testamentsregisters der österreichischen Rechtsanwälte durchzuführen. Diese Abfragen finden in der Praxis bereits vor der Todesfallaufnahme statt. Auf diesem Wege bringt er in Erfahrung, ob ein Testament in einem öffentlichen Register eingetragen wurde.
Wurde eine letztwillige Verfügung in keinem Register eingetragen, hängt es letztlich vom Zufall und der Mitwirkung anderer Personen ab, ob sie gefunden wird. Grundsätzlich ist jeder dazu verpflichtet, bei ihm befindliche letztwillige Verfügungen oder sonstige für den Erbfall relevante Dokumente (z.B. Erbverträge) dem Gerichtskommissär vorzulegen. Diese Pflicht besteht auch ohne eine konkrete Aufforderung.
- Praxistipp
Eine letztwillige Verfügung kann ihren Zweck nicht erfüllen, wenn sie im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens nicht aufgefunden wird. Lassen Sie ihre letztwillige Verfügung deshalb im Testamentsregister eintragen. Eine Unterdrückung Ihres letzten Willens wird dadurch ausgeschlossen.
Zu den Anforderungen an ein gültiges Testament.
Manchmal findet der Gerichtskommissär letztwillige Verfügungen in der Wohnung des Verstorbenen oder im Schließfach seiner Bank. Von der Aufbewahrung zu Hause können wir nur abraten. Hier besteht die Gefahr, dass diese entweder nicht aufgefunden oder aber von anderen Personen, denen ihr Inhalt nicht gefällt, beiseite geschafft werden. Der Gerichtskommissär ist in einem gewissen Umfang auch zur weitergehenden Erbensuche verpflichtet. Er kann etwa durch Anfragen beim Standesamt oder dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger allfällige Erben ermitteln. Wenn die Erben gänzlich unbekannt sind oder Anhaltspunkte dafür bestehen, dass neben den bekannten Personen noch andere Erben in Betracht kommen, erlässt er ein sogenanntes Erbenedikt. Das ist eine öffentliche Bekanntmachung mit der Aufforderung, sich binnen sechs Monaten zu melden. Die Ediktsdatei ist von jedermann unter www.edikte.justiz.gv.at abrufbar.
Dieses Register wird häufig von Erbensuchern, sogenannten „Genealogen“, gelesen. Diese haben sich darauf spezialisiert, Erben gegen Bezahlung ausfindig zu machen. Genealogen werden in Einzelfällen auch vom Gerichtskommissär eingesetzt. Verpflichtet ist er dazu aber nicht.
Sind potenzielle Erben gefunden, werden sie vom Genealogen kontaktiert. Er informiert sie darüber, dass sie als Erben in Frage kommen. Den Namen des Verstorbenen wird der Genealoge zunächst nicht nennen, um sich seinen Anspruch auf Zeit- und Kostenaufwand zu sichern.
- Praxistipp
Sie wurden von einem Genealogen angeschrieben?
Kontaktieren Sie uns. Wir beraten Sie gerne über Ihre rechtlichen Möglichkeiten und die zu diesem Thema ergangene höchstgerichtliche Rechtsprechung.
Wenn sich trotz aller Bemühungen keine Erben finden lassen, kann in letzter Konsequenz die Republik Österreich erben.
Wie werden die Erben endgültig festgestellt?
Wie werden die Erben endgültig festgestellt?
Die potenziellen Erben werden nun vom Gerichtskommissär verständigt. Es beginnt die Phase der Verlassenschaftsabhandlung. Sie bildet den Kern des Verlassenschaftsverfahrens. Zu dieser kommt es, wenn kein abgekürztes Verfahren erfolgt.
Die Erbantrittserklärung ist ein zentrales Element der Verlassenschaftsabhandlung. Der Gerichtskommissär hat die in Frage kommenden Erben aufzufordern, eine solche abzugeben. Folgen die Erben dieser Aufforderung, geben sie zu erkennen, dass sie die Erbschaft antreten möchten.
Zur Abgabe einer Erbantrittserklärung sind zunächst nur die testamentarischen Erben aufzufordern. Der Gerichtskommissär übermittelt den gesetzlichen Erben zwar eine Abschrift der letztwilligen Verfügung. Er wird diese aber erst dann auffordern eine Erbantrittserklärung abzugeben, wenn die testamentarisch eingesetzten Erben der Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nachkommen. Dies gilt auch für pflichtteilsberechtigte Personen. Das Versäumen der Frist führt nicht zum Verlust des Erbrechts. Die in Frage kommenden Erben können die Erbantrittserklärung auch nach dem Ablauf der Frist nachreichen.
Gleichzeitig mit der Aufforderung übermittelt der Gerichtskommissär eine vorläufige Aufstellung des hinterlassenen Vermögens- und Schuldenstands. Die Erben können sich damit einen Überblick über die Vermögenslage verschaffen. Diese Information benötigen die potenziellen Erben für die Entscheidung, ob sie eine bedingte oder unbedingte Erbantrittserklärung abgeben (dazu sogleich).
Wie hat die Erbantrittserklärung auszusehen und welchen Inhalt hat sie?
Die Erbantrittserklärung muss enthalten:
- die persönlichen Daten des Erbansprechers (das ist derjenige, der eine Erbantrittserklärung abgibt);
- den erbrechtlichen Berufungsgrund (z.B. gesetzliche Erbfolge, Testament, Erbvertrag);
- die ausdrückliche Erklärung, die Erbschaft anzutreten;
- die Erklärung, ob die Erbschaft bedingt oder unbedingt angetreten wird (dazu sogleich);
- die Erbquote, sofern die Angabe im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung möglich ist.
Was sind die Unterschiede zwischen einer bedingten und einer unbedingten Erbantrittserklärung?
Die in Frage kommenden Erben können eine bedingte oder unbedingte Erbantrittserklärung abgeben. Die Erbantrittserklärung kann nicht im Nachhinein widerrufen werden. Der Erbe kann eine unbedingte Erklärung auch nicht mehr nachträglich in eine bedingte umwandeln.
Die unbedingte Erbantrittserklärung hat zur Folge, dass der Erbe auch mit seinem eigenen Vermögen der Höhe nach unbeschränkt für die Schulden des Verstorbenen haftet. Das gilt auch dann, wenn die Verlassenschaft zur Deckung dieser Ansprüche nicht ausreicht. Ob der Erbe von der Existenz der Schulden wusste, ist unerheblich.
- Beispiel
Im Rahmen der Todesfallaufnahme ermittelte der Notar die finanzielle Lage des Verstorbenen. Er stellte ein Vermögen in der Höhe von € 300.000 fest. Diesem Vermögen stehen Schulden von € 500.000 gegenüber.
Wenn die Tochter des Verstorbenen eine unbedingte Erbantrittserklärung abgibt, haftet sie unbeschränkt für die Schulden ihres verstorbenen Vaters. Als Alleinerbin erhält sie zwar das gesamte Vermögen. Gleichzeitig muss sie aber die Schulden in voller Höhe aus ihrem Privatvermögen bezahlen.
Der bedingt erbantrittserklärende Erbe haftet zwar auch mit seinem eigenen Vermögen, aber nur bis zur Höhe der ihm zukommenden Verlassenschaft. Er muss also in keinem Fall mehr zahlen als er bekommt.
- Beispiel
Im Fall einer bedingten Erbantrittserklärung erhält die alleinerbende Tochter das Vermögen ihres Vaters. Gleichzeitig haftet sie mit ihrem eigenen Vermögen für seine Schulden. Im Unterschied zur unbedingten Erbantrittserklärung ist diese Haftung aber beschränkt. Sie muss an die Gläubiger ihres Vaters somit jedenfalls nicht mehr zahlen als die übernommenen € 300.000.
- Praxistipp
Eine unbedingte Erbantrittserklärung sollte nur dann abgegeben werden, wenn die Vermögensverhältnisse des Verstorbenen genau bekannt sind oder wenn man zumindest weiß, dass mehr Vermögen als Schulden vorhanden ist.
Warum sollte man überhaupt eine unbedingte Erbantrittserklärung abgeben?
Der bedingte Erbantritt hat den Nachteil, dass von Amts wegen ein Inventar errichtet wird. Das Inventar ist eine vollständige Abbildung des Vermögens und der Verbindlichkeiten des Verstorbenen. In vielen Fällen wird dafür die Beiziehung eines Sachverständigen erforderlich sein. Die Inventarisierung zieht die Dauer des Verlassenschaftsverfahrens in die Länge und ist unter Umständen kostspielig. Die Kosten tragen letztlich die Erben selbst.
Die Errichtung eines Inventars führt automatisch zur beschränkten Haftung, auch der unbedingt erbantrittserklärenden Erben. Außerdem hat der Gerichtskommissär bei bedingter Erbantrittserklärung zwingend eine öffentliche Aufforderung der Verlassenschaftsgläubiger, ihre Forderungen binnen einer bestimmten Frist anzumelden, durchzuführen. Auch das nimmt Zeit in Anspruch.
Wie erfolgt die endgültige Feststellung des hinterlassenen Vermögens, wenn kein Inventar erststellt wird?
Wenn kein Inventar zu errichten ist, erfolgt die endgültige Feststellung des Vermögens durch die potenziellen Erben selbst. Der Gerichtskommissär hat sie zur Abgabe einer Vermögenserklärung aufzufordern. Darin haben die Erben das Vermögen des Verstorbenen zu beschreiben und zu bewerten. Die Angaben müssen richtig und vollständig sein. Eine wahrheitswidrige Erklärung kann strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.
Muss ich das hinterlassene Vermögen übernehmen?
Erben sind nicht dazu verpflichtet, die Erbschaft anzutreten. Sie haben die Möglichkeit diese auszuschlagen („negative Erbantrittserklärung“). Die Entschlagung ist unwiderruflich und hat zur Folge, dass das Erbrecht den anderen Erben zufällt. Es ist nicht ausreichend geklärt, ob eine Entschlagung auch für die eigenen Nachkommen gilt. Wir empfehlen daher, in der Entschlagungserklärung festzuhalten, ob das der Fall sein soll oder nicht.
Was passiert, wenn mehrere Erben Anspruch auf das hinterlassene Vermögen erheben?
Was passiert, wenn mehrere Erben Anspruch auf das hinterlassene Vermögen erheben?
Der Gerichtskommissär muss im Falle widerstreitender Erbantrittserklärungen auf eine Einigung hinwirken. Zu diesem Zweck lädt er die erbantrittserklärenden Personen zu einem gemeinsamen Treffen, in dem er die Sach- und Rechtslage mit ihnen erörtert. Zweck des Treffens ist es, sämtliche Widersprüche zwischen den Erbantrittserklärungen durch Anerkenntnisse zu beseitigen. Häufig stellt sich heraus, dass nur auf den ersten Blick ein Widerspruch vorliegt. Die Ansprüche lassen sich möglicherweise in Einklang bringen.
- Beispiel
Zwischen Ehegatten wurde ein Erbvertrag errichtet. Einer der beiden verstirbt. Der überlebende Ehegatte gibt eine Erbantrittserklärung ab und beruft sich dabei auf den Erbvertrag. Beruft sich nun ein anderer Erbe in seiner Erklärung auf den Berufungsgrund der gesetzlichen Erbfolge, so stehen diese Erklärungen nicht zwingend in einem Widerspruch. Mit einem Erbvertrag kann nämlich nur über drei Viertel des Vermögens verfügt werden. Ein Viertel muss frei bleiben. Die Erbantrittserklärung aufgrund des Gesetzes hinsichtlich des verbleibenden Viertels widerspricht somit nicht der Erklärung des überlebenden Ehegatten
Gelingt eine gütliche Einigung, so stellt das Verlassenschaftsgericht das Erbrecht fest. Das Gericht ist nicht an die vor dem Notar abgegebenen Anerkenntnisse gebunden. Im Regelfall wird es aber keinen Grund geben, von der Einigung abzuweichen. Die übrigen Erbantrittserklärungen werden dann abgewiesen.
Scheitert dieser Einigungsversuch, ist der Akt dem Gericht vorzulegen. Es folgt ein oft langandauernder Erbrechtsstreit vor dem Verlassenschaftsgericht. Nunmehr ist es die Aufgabe des Richters, das beste Erbrecht zwischen den Streitenden verbindlich festzustellen.
Muss ich mich in diesem Gerichtsverfahren von einem Rechtsanwalt vertreten lassen?
Muss ich mich in diesem Gerichtsverfahren von einem Rechtsanwalt vertreten lassen?
Übersteigt der Wert der Verlassenschaft voraussichtlich € 5.000, so müssen sich die Parteien von einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Das gilt auch für den Fall, dass sich erst im Laufe des Verfahrens eine Überschreitung dieser Wertgrenze herausstellt.
Wie kommen die Erben an das hinterlassene Vermögen?
Wie kommen die Erben an das hinterlassene Vermögen?
Konnten die Erben ihr Erbrecht erfolgreich nachweisen, folgt die Einantwortung des Vermögens. Dafür erlässt das Verlassenschaftsgericht den sogenannten Einantwortungsbeschluss. Erst mit diesem Gerichtsbeschluss werden die Erben Eigentümer der Verlassenschaftssachen.
Der Beschluss enthält unter anderem die Bezeichnung der einzelnen Erben, ihre Erbrechtstitel und -quoten sowie die Art der abgegebenen Erbantrittserklärungen. Sind die Erben der Auffassung, dass das Gericht falsch entschieden hat, können sie den Beschluss bekämpfen.
Muss ich mir das Vermögen mit den anderen Erben teilen?
Das Vermögen wird den im Einantwortungsbeschluss genannten Erben zugewiesen.
Gibt es mehrere Erben, steht jedem eine Quote an der Verlassenschaft zu. Das führt dazu, dass niemand alleiniger Eigentümer an den Gegenständen des Verstorbenen wird. Sie erlangen Miteigentum an allen Gegenständen und bilden eine sogenannte Erbengemeinschaft. Jedem gehört nur ein bestimmter Anteil, der sich nach der Erbquote richtet. Dieser Umstand kann oftmals zu Konflikten führen, da die Erben nur gemeinsam über das Erbe entscheiden können. Man denke etwa an den Fall, dass mehrere Erben ein Haus erben. Häufig haben sie unterschiedliche Interessen – der eine möchte darin wohnen, der andere möchte seinen Anteil verkaufen. Konflikte sind vorprogrammiert.
Wie können die Erben diesem Problem entgehen?
Diesem Problem können die Erben durch den Abschluss eines Erbteilungsübereinkommens entgehen. Das Erbteilungsübereinkommen ist ein Vertrag zwischen den Erben. Dieser kann bereits im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung abgeschlossen werden, oder auch erst nach der Einantwortung des Nachlasses. Die Erben sind in der Aufteilung des vererbten Vermögens völlig frei. Häufig vereinbaren sie, dass eine bestimmte Sache einem Erben gänzlich gehören soll. Die übrigen Erben erhalten im Gegenzug eine Abschlagszahlung.
Kann zwischen den Erben keine Einigung erzielt werden, hilft oft nur eine Erbteilungsklage. Diese kann jeder von ihnen erheben und ist auf die Teilung gerichtet.
Findet immer ein solches langwieriges Verlassenschaftsverfahren statt?
Findet immer ein solches langwieriges Verlassenschafts-verfahren statt?
Nicht jedes Verlassenschaftsverfahren besteht aus einem formellen Abhandlungsverfahren und einer abschließenden Einantwortung. Insbesondere bei kleinen und überschuldeten Verlassenschaften sieht das österreichische Erbrecht Vereinfachungen vor.
Kleine Verlassenschaften sind solche, die die Wertgrenze von € 5.000 nicht übersteigen und keine Liegenschaft enthalten. Den Wert des hinterlassenen Vermögens ermittelt der Notar im Rahmen der Todesfallaufnahme. Er stellt fest, ob die Voraussetzungen für ein verkürztes Verfahren vorliegen. Ist das der Fall, so findet das verkürzte Verfahren statt. In diesem kann derjenige, der seinen Anspruch auf das Vermögen bescheinigt hat, beantragen, das Vermögen ganz oder in Teilen zu übernehmen. Das ist meist der Erbe. Es kommen aber auch Gläubiger des Verstorbenen in Betracht.
- Beispiel
Die beste Freundin des Verstorbenen organisierte und bezahlte das Begräbnis. Sie stellt einen Antrag auf Überlassung eines Teiles des hinterlassenen Vermögens in Höhe der aufgewendeten Begräbniskosten. Diese Kosten kann sie etwa durch die Vorlage der Rechnungen bescheinigen.
Potenzielle Erben, Pflichtteilsberechtigte und Gläubiger können jederzeit einen Antrag auf Fortsetzung des formellen Verlassenschaftsverfahrens stellen. In diesem Fall fordert der Gerichtskommissär die potenziellen Erben auf, eine Erbantrittserklärung abzugeben. Das Verfahren nimmt seinen gewohnten Lauf.
Stellt der Notar im Rahmen der Todesfallaufnahme fest, dass die hinterlassenen Schulden das Vermögen des Verstorbenen übersteigen, so spricht man von einer überschuldeten Verlassenschaft. Das vorhandene Vermögen kann auf Antrag einem oder mehreren Gläubigern überlassen werden. Diese sogenannte „Überlassung an Zahlung statt“ ist ebenfalls eine Möglichkeit, das Verlassenschaftsverfahren ohne Abhandlung zu beenden.
Gibt es in Österreich eine Erbschaftssteuer?
Gibt es in Österreich eine Erbschaftssteuer?
Nein!
In Österreich gibt es keine Erbschaftssteuer mehr.
Wenn Sie aber eine Liegenschaft erben (Haus, Immobilie, Grundstück), dann fallen mit Ihrer Einverleibung ins Grundbuch die Grunderwerbsteuer und die Eintragungsgebühr an.
Noch Fragen zum Erbrecht in Österreich?
Das Erbrecht ist unsere Leidenschaft. Wir sind Ihr Rechtsanwalt für Erbrecht in Österreich.
Sie werden verstehen: Persönlichen Rat erteilen wir gegen Entgelt. Kostenlose Rechtsberatung finden Sie hier auf dieser Seite, im Erbrecht-ABC. Hingegen können wir keine kostenlosen Beratungen am Telefon anbieten.
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